Die kalte Jahreszeit und damit die „Sturmsaison“ liegen vor uns. Aus diesem Grunde lohnt sich für alle Hauseigentümer der Blick auf eine kürzlich veröffentlichte Entscheidung des OLG Koblenz, die sich unter anderem mit der hier interessierenden Frage zu befassen hatte, wann die nach den Bedingungen der Gebäudeversicherung regelmäßig vorausgesetzte „unmittelbare Einwirkung des Sturms“ vorliegt bzw. bewiesen ist (OLG Koblenz, Beschluss vom 15.09.2014 – 10 U 164/14) – die Gebäudeversicherung also für den entstandenen Schaden eintreten muss.
Der Sachverhalt:
Während der Orkan Xynthia sein Unwesen trieb, wurde eine zum Anwesen des Klägers gehörende Scheune beschädigt. Der Kläger behauptete, dass sowohl das Dach als auch die Giebelwand durch die unmittelbare Einwirkung des Sturms beschädigt worden seien und machte einen Betrag in Höhe von ca. 78.000 € geltend. Die beklagte Gebäudeversicherung regulierte nur den Schaden am Dach in Höhe von ca. 19.000 € und begründete dies unter anderem damit, dass die Scheune sich ohnehin in einem desolaten Zustand befunden habe und Schäden an der Giebelwand deshalb auch bei einer unter 8 Beaufort liegenden Windstärke eingetreten wären bzw. Folge mangelnder rechtzeitiger Sanierung seien.
Demgegenüber stellte der Kläger sich auf den Standpunkt, dass es ausreichend sei, dass der Sturm (neben anderen Ursachen) nur mitursächlich für den eingetretenen Schaden sei. Insoweit aber habe der Sachverständige im Rahmen der Beweisaufnahme während seiner mündlichen Anhörung erklärt, als eine mögliche Ursache für Risse und Putzabplatzungen sei auch ein Sturm anzusehen. Damit aber habe er – der Kläger – neben dem Nachweis, dass ein Sturm mit mindestens der Windstärke 8 Beaufort vorgelegen habe, auch den weiter erforderlichen Nachweis erbracht, dass unmittelbar danach Schäden am Mauerwerk vorgelegen haben, die mit dem in der Gebäudeversicherung abgedeckten Sturm kompatibel seien. Das müsse für den Nachweis, dass eine unmittelbare Einwirkung des Sturms vorgelegen hat, ausreichen.
Zwar folgte das OLG Koblenz diesem Ansatz im Grundsatz – also der Nachweis der bloßen Mitursächlichkeit eines Sturms reiche aus, um die unmittelbare Einwirkung des Sturms zu bejahen – es bescheinigte der Berufung gleichwohl offensichtlich keine Erfolgsaussichten.
Denn der erforderliche Vollbeweis, dass ein Sturm mindesten der Stärke 8 Beaufort zumindest mitursächlich für die eingetretenen Schäden ist, setze mehr voraus als nur das Vorliegen eines solchen Sturms und dazu passende Beschädigungen. Vielmehr habe der Sachverständige auch ausgeführt, dass es zwar zu einem Sturmereignis kompatible Risse und Putzabplatzungen gegeben habe. Er habe aber gleichzeitig auch festgestellt, dass es andere deutlich Anzeichen dafür gebe, dass die Giebelwand eben nicht durch den Sturm beschädigt worden sei: dagegen spräche nämlich unter anderem, dass alle Pfetten des Dachstuhls und alle Verbindungsmittel zwischen Dachstuhl und Giebelwand noch vorhanden seien. Auch habe er kein Abscheren des Mauerwerks im Bereich dieser Verbindungsmittel erkennen können. Wenn aber die unmittelbare Einwirkung des Sturms ursächlich gewesen wäre, so hätte dies durch ausgebrochene Steine im Bereich dieser Verbindungsmittel deutlich erkennbar sein müssen – was nicht der Fall gewesen sei. Vielmehr sei gerade der labilste Teil der Giebelwand – nämlich die Giebelspitze – nach dem Sturm unbeschädigt geblieben. Dass der Gutachter im Rahmen seiner anschließenden mündlichen Anhörung zu diesem Gutachten auf entsprechende Nachfrage nach allen möglichen Schadenursachen für die Risse und Putzabplatzungen unter anderem – als theoretische Möglichkeit – auch Sturm genannt habe, helfe dem Kläger nicht. Denn mit dieser lediglich theoretischen Möglichkeit sei eben nicht der Vollbeweis erbracht, dass gerade diese theoretische Möglichkeit sich im konkreten Fall zumindest mitverwirklicht hat. Damit habe der Kläger den ihm obliegenden Vollbeweis, dass der Sturm tatsächlich konkret mitursächlich (= unmittelbare Einwirkung) gewesen sei, nicht erbracht. Auch sei angesichts dieser Ausführungen des Sachverständigen keine weitere Sachaufklärung erforderlich gewesen.
Ob das aber im Falle Ihres „Sturmschadens“ auch so ist, ist damit beileibe nicht gesagt! In jedem Fall lohnt sich bei einer Regulierungsverweigerung der Gebäudeversicherung die fundierte Überprüfung der Sach- und Rechtslage, damit Sie sicher sein können, dass Ihre Gebäudeversicherung die Leistung nicht zu Unrecht ablehnt!
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