Der Bauunternehmer erbringt auftragslos Bauleistungen – verlangt aber nach Abschluss der Arbeiten Werklohn dafür! Kann das sein?
Zunächst einmal: Derartige Konstellationen sind nicht selten! Erteilt etwa der Architekt auf der Baustelle einen Zusatzauftrag „im Namen des Bauherrn“, so handelt er regelmäßig ohne Vertretungsvollmacht des Bauherrn. Führt der Bauunternehmer diesen gleichwohl aus, so tut er dies ohne Auftrag des Bauherrn – er erbringt auftragslos Bauleistungen!
Ob der Bauunternehmer gleichwohl Werklohn verlangen kann, ist im Einzelfall sorgfältig zu prüfen! Grundsätzlich gilt: kein Auftrag – keine Vergütung.
Ist im Bauvertrag aber die Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen – insbesondere die VOB/B – vereinbart, kann sich ein Werklohnsanspruch aus § 2 Nr. 8 Abs. 2 VOB/B ergeben. Voraussetzung dafür ist, dass der Bauherr solche auftraglosen Bauleistungen nachträglich anerkennt oder aber die Bauleistungen für die Erfüllung des Vertrags notwendig waren, sie dem mutmaßlichen Willen des Bauherrn entsprachen und ihm unverzüglich angezeigt wurden. Nach einer jüngeren Entscheidung des OLG Schleswig (AZ.: 3 U 92/09 vom 29.06.2010) genügt für ein nachträgliches Anerkennen jedes tatsächliche Verhalten, das vorbehaltlos und eindeutig erkennen lässt, dass der Bauherr mit der auftragslos oder abweichend vom Bauvertrag erbrachten Bauleistung letztlich doch einverstanden ist und sie als in den Bauvertrag einbezogen billigt. Nicht erforderlich sei auch ein Einverständnis mit der erweiterten Werklohnzahlung. Ob dem Bauunternehmer ein zusätzlicher Werklohn zustehe, sei reine Rechtsfrage – das Anerkennen betreffe hingegen lediglich die Bauleistungen als solche.
Doch auch ohne Vereinbarung der VOB kann dem Bauunternehmer unter Umständen geholfen werden: Das OLG Jena bestätigte am 19.09.2007 (AZ.: 7 U 35/07), dass dem Unternehmer auch ohne Auftrag nach den Grundsätzen der Geschäftsführung ohne Auftrag ein Anspruch auf Werklohn zustehen kann, wenn die ausgeführten Leistungen zum Zeitpunkt der Leistungserbringung technisch notwendig und für den Auftraggeber objektiv nützlich und sachlich vorteilhaft waren – und zwar nach objektiven Maßstäben.
Gleichwohl: lasssen Sie sich auf derartige Ungewissheiten nicht ein! Sorgen Sie für dokumentierte – also schriftliche – Beauftragung zusätzlicher Leistungen durch den Bauherrn, der auch ansonsten Ihr Vertragspartner und daher alleiniger Ansprechpartner ist, wenn es um Fragen der Auftragerteilung geht.
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